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Himmlische Ruhe über dem Kanton Schwarzwald-Baar

Am vorletzten Wochenende war Ferienbeginn in der Schweiz und es herrschte wieder einmal lebhafter Warteschleifen-verkehr über der Baar. Nebel über Kloten führte zu unzähligen Rückstaus bei den Landungen, die von der Swiss Control dank RILAX über dem Schwarzwald-Baar-Kreis mittels unzähliger Warteschleifen entsorgt wurden. Die Folge war ein permanenter Geräuschteppich, der sich über die Weite der Region von Freitag bis Sonntag rund um die Uhr erstreckte. Wie so oft an solch flugintensiven Wochenenden entfloh ich der nervigen Flugbeschallung zu meinem Freund Rüedi Messerli und seiner Familie in ihrem Haus bei Appenzell. Wohl dem, der Freunde in der Schweiz hat! Einfach himmlisch die Ruhe, die dort oben in der Schweizer Bergwelt zu finden ist.

"Wir fühlen uns verraten und verkauft von unseren bundesdeutschen Politikern", sagte ich beim Betreten seines Chalets. "Sie kloppen nur dumme Sprüche, machen hohle Versprechungen und tun nichts gegen die Flieger. Man muss zu euch in die Schweiz kommen, um überhaupt zu erleben, was Ruhe bedeutet."
"Ihr könntet diese Ruhe auch haben, wenn ihr Schweizer wärt!" sagte Rüedi verständnisvoll, während er tröstend seinen Arm auf meine Schulter legte.
"Schweizer? Willst du damit sagen, dass die Menschen in Südwestdeutschland in die Schweiz auswandern sollen?" fragte ich erstaunt.
"Um Himmelswillen, nicht auswandern! Die Landkreise Konstanz, Schwarzwald-Baar und Waldshut könnten dem Bund der Eidgenossen als neue Kantone beitreten und hätten all die Vorteile, die wir Schweizer für uns seit eh und je in Anspruch nehmen."
"Du meinst", ich konnte kaum glauben was Rüedi da vorschlug, "du meinst, wir hätten dann wieder Ruhe am Himmel über uns?"
"Aber sicher, oder? Auch ihr würdet von unseren traditionellen Ruhegewohnheiten profitieren, denn nach 21 Uhr lassen wir in der Schweiz keinen Flugverkehr mehr zu.," versicherte mir Rüedi.
"Und tagsüber, hätten wir dann auch wieder Ruhe so wie ihr hier in den Bergen?" fragte ich aufgeregt.
"Warum nicht, wir würden bei Donaueschingen einen Militärflughafen auf der Landkarte einzeichnen, zur Abschreckung, so wie Dubendorf bei Zürich. Bingo! Keine Zivilflugzeuge mehr im Landeanflug. Keine lästigen Warteschleifen."
"Und die Segelflieger könnten auch wieder ihren Spaß haben, da der Militärflughafen ja nur auf der Karte existiert", fügte ich begeistert hinzu. "Einfach umwerfend."
"Und der Preis? Wieviel müssen wir bezahlen, um Schweizer zu werden?" frage ich ein wenig verunsichert wegen der Kosten, die wir womöglich zu berappen hätten.
"Gar nichts. Wir tauschen eure Weichwährung zum Kurs 1 zu 1, so wie ihr das DDR-Spielgeld vor 10 Jahren umgewechselt habt," beruhigte mich Rüedi.
" Du meinst, wir bekommen harte Schweizer Franken anstelle des soften Euros, der uns von Kohl genauso undemokratisch aufgedrückt wurde wie RILAX durch Verkehrsminister Klimmt?" stotterte ich vor lauter Aufregung über Rüedis grandioses Angebot.
"Aber gewiss doch, oder? Schluss mit Europa und Brüssel. Wir geben euch eine volksnahe Demokratie anstelle eures bürgerfernen Verwaltungsapparats in Brüssel. Zum ersten Mal in eurem Leben werdet ihr von den Politikern, die ihr gewählt habt, auch ernst genommen werden," sagte Rüedi.
"Und RILAX? Was machen wir mit RILAX?" fragte ich Rüedi besorgt darüber, dass sein Vorschlag in letzter Minute noch scheitern könnte.
"Kein Problem. Den legen wir nach Bayern," beruhigte mich Rüedi.
"Aber werden die solch einen Sammelpunkt stillschweigend akzeptieren?" warf ich aufgeregt ein.
"Die Bürger nicht, aber die Politiker. Kennst du etwa eine deutsche Partei, die noch kein Konto bei uns in Zürich hat? Wie ist noch das Motto der Banken: ‚Wir machen den Weg frei!'"

"Aber das ist, das ist ... ja wunderbar", jauchzte ich wie jemand, der gerade in das Geheimnis dieser Welt eingeweiht worden war. "Wo kann ich mich anmelden. Ich möchte heute noch Schweizer werden."

H.N. KLUGVOTER

Erschienen im SÜDKURIER vom 19.10.2000, Ausgabe Villingen-Schwenningen.

v.i.S.d.P: Gunther Volk, VS-Villingen

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